Die Kinderperspektive auf Kita-Räume
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Neben der in der Praxis ohnehin beteiligungsorientierten Arbeit aller pädagogischer Fachkräfte der Kitas kann der Fachkraft für die Kinderperspektive im Kita-Beirat (FaKiB) eine besondere Rolle bei der Erhebung der Kinderperspektive zukommen. Der Kita-Beirat ist selbst strukturell auf den Diskurs zwischen den Vertretungen von Träger, Kita-Leitung, pädagogischen Fachkräften und Eltern angelegt. Ihm kommt damit eine gegenüber dem Elternausschuss ganz eigenständige Bedeutung zu.
Gute Erfahrungen wurden schon damit gemacht, dass Themen des Baus, des Umbaus und der grundlegenden Renovierung Beratungsgegenstand des Kita-Beirates nach § 7 KiTaG wurden. Aus den Rückmeldungen der Kinder ergeben sich regelmäßig folgende Hinweise: Den Kindern ist es sehr wichtig, viel Platz zum Toben zu haben, sie wünschen sich auch aufgeräumte und nicht zu vollgestellte Räume, Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten und im Sanitär- und Hygienebereich den Schutz ihrer Intimsphäre.
Zu unterschiedlichen Zeitpunkt des Planungsprozesses kann der Kita-Beirat ein geeignetes Gremium zur Entwicklung einer Empfehlung sein. Der Beirat versammelt die kitabezogene Verantwortungsgemeinschaft mit Trägervertretung, Vertretung der Leitung, der pädagogischen Fachkräfte, der bereits benannten FaKiB und der Eltern. Gemäß § 7 Abs. 1 KiTaG beschließt der Kita-Beirat seine Empfehlungen unter Berücksichtigung der Perspektive der Kinder. Seine Beratung bezieht sich dabei auf grundsätzliche Angelegenheiten, die die strukturellen Grundlagen der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsarbeit einer Kita betreffen. Folglich ist er das ideale Diskursgremium auch bei grundsätzlichen baulichen Maßnahmen.
Hier möchten wir Ihnen einen Überblick gegeben darüber, warum die Kinder-Perspektive auf Kita-Räume so wichtig ist und wie man sie praxisgerecht einholen kann. Die wesentlichen Ausführungen hierzu werden Sie auch im Kita-Bau-Kompendium und in den Praxisbeispielen wiederfinden.
Gemäß § 3 Abs. 2 KiTaG* ist die Meinung und der Willen des Kindes bei der Gestaltung des Alltags in den Kitas zu berücksichtigen und die Kinder alters- und entwicklungsgemäß zu beteiligen. Kita-Gebäude und ihre räumliche Gestaltung innen und außen tragen maßgeblich zum Wohlfühlen von Kindern bei und bieten – je nach Gestaltung – mehr oder weniger Schutz- und Entfaltungsmöglichkeiten. Deshalb ist die Beteiligung der Kinder zu ihren Wünschen und Bedürfnissen essenziell für den Planungsprozess.
Den Fachkräften sind dazu viele Methoden bekannt.
In Frage kommt hier der gemeinsame Verbesserungsspaziergang durch die Kita zur Sammlung von Ideen und Eindrücken, zum Beispiel auch in Verbindung damit, die Kinder auf ihrer „Augenhöhe“ Fotos machen zu lassen oder gemeinsam zu malen, oder auch eine Kinderumfrage und die Thematisierung in der Gruppen- bzw. Kinderkonferenz. Weiterführende Anregungen finden Sie zum Beispiel hier: “Methodenschatz II: Achtung Kinderperspektiven! Mit Kindern KiTa-Qualität entwickeln, Bertelsmann Stiftung.” (…).
*KiTaG = Landesgesetz über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege. Abrufbar hier auf den “Kita-Server”.
In Bearbeitung. Stand: 10. Juni 2025
Aus der Praxis: AK FakiBs
Wie gut Beteiligung auch von Kita-Kindern in der Praxis gelingen kann, zeigt ein Projekt des Arbeitskreises der Fachkräfte für die Kinderperspektive im Kita-Beirat (AK FaKiB): Um die Sicht von Kindern auf Landesebene im Kita-Tag der Spitzen deutlich zu machen, haben die FaKiBs methodisch unterschiedlich mit den Kindern zum Thema „Wie Kinder sich ihre Kita-Räume und das Außengelände vorstellen“ gearbeitet.
Mitgemacht haben 5 Kitas aus Rheinland-Pfalz. Die Vorgehensweisen variieren u. a. abhängig von der Altersstruktur, der medialen Ausstattung und der etablierten Beteiligungsstruktur der jeweiligen Kita. Dem Kita-Tag der Spitzen wurden die Ergebnisse präsentiert, weil dort allein Rheinland-Pfalz für die Kindertagesbetreuung Verantwortung tragenden Organisationen, Gewerkschaften und Verbände zusammenkommen. Auch in der Kita-Bau-Runde wurden die Ergebnisse vorgestellt und die Erkenntnisse sind mit in das Kompendium eingeflossen.
Beispiel - Kita 1 zur Erhebung der Kinderperspektive:
- Gefragt wurden die Kinder des Kinderparlaments (9 Kinder von 3-6 Jahre), was bedacht werden muss, wenn eine Kita neu gebaut wird.
- Die Gedanken der Kinder wurden auf einem Flipchart gesammelt und am nächsten Tag haben die Kinder noch einmal ihre Ideen vorgestellt. Dies wurde in mehreren Videos festgehalten und konnte dem Gremium (Kita-Tag der Spitzen) präsentiert werden.
Beispiel- Kita 2 zur Ergebung der Kinderperspektive:
- Um die Vorstellung der Kinder der integrativen Kita zur Neugestaltung des Außengeländes zu erlangen, erfolgte als erster Schritt eine Erkundung des Spielplatzgeländes. Dabei einigten sie sich auf sehr konkrete Wünsche, was ein Außengelände vorhalten/leisten muss:
- rutschen und schaukeln
- eine Schaukel, die geölt ist und nie quietscht,
- eine Kletterwand, die aussieht wie eine Kanone oder ein Säbel.
- Alle 120 Kinder wurden beim Abstimmungsprozess beteiligt, welche Konstruktionen an Spielgeräten ihren Vorstellungen entsprechen. Dies geschah über die Gruppenparlamente der einzelnen Einheiten mit den Informationen der Kindersprecher:innen.
- Auf dieser Basis wurden Entwürfe vorgelegt.
- Die Kinder stimmten mit Klebepunkten über die unterschiedlichen Varianten der Spielgeräte ab.
Beispiel-Kita 3 zur Erhebung der Kinderperspektive:
In diesem Beispiel ging es um räumliche Veränderungsprozesse in der Kita.
- In der Kinderkonferenz konnten die Kinder ihre Wünsche einbringen. Dies erfolgte als Antwort auf ganz konkrete kindgerechte Fragen:
- Was muss in der Kita bleiben?
- Womit spielt ihr gerne?
- Was darf auf keinen Fall raus?
- Entsprechend der Antworten der Kinder wurde ein leerer Kita-Lageplan mit den Kindern durch Post-ist mit Raumfunktionen gefüllt.
- Dann erfolgte eine Abstimmung der Kinder über den Plan. Dafür wurde die Bildsprache der Kita speziell für die Raumplanung erweitert, sodass die Kinder den Plan eigenständig „lesen“ konnten (Bsp. Bauraum wurde zu Bauecke).
- Der Plan wurde allen Kindern und pädagogischen Fachkräfte in der Vollversammlung vorgestellt.
- In der Kinderkonferenz wurde dann mit den Kindern überprüft, ob der Plan tatsächlich den Wünschen der Kinder entspricht und dann der Plan entsprechend der Rückmeldungen überarbeitet.
- Während des Team-Tages erfolgte die Umgestaltung der Räume: Erfassung der Sichtweise des Teams und Abgleich der Meinungen der Kinder sowie daran anschließend Umorganisation/Umbau der Kita-Räume
- Wochenstart mit umgeräumter Kita (Die Aktion wurde den Kindern angekündigt.)
- Möglichkeit der Beschwerde der Kinder, die auch genutzt wurde
- Anpassung der Raumgestaltung auf der Grundlage der Beschwerden.
Beispiel-Kita 4 zur Erhebung der Kinderperspektive:
- Vorstellung des Anliegens in einer Hortgruppe, aus der sich 11 Kinder in vier Gruppen an der Frage nach einer Raumgestaltung, die ihren Bedürfnissen entspricht, durch selbst gemalte Bilder und selbst geschriebene Texte beteiligten.
Beispiel-Kita 5 zur Erhebung der Kinderperspektive:
- Durchführung eines Verbesserungsspaziergangs der FaKiB mit den Kindern durch den Kita-Bereich (innen und außen) und Austausch darüber, was sich Kinder wünschen.
- Konkret wurden die Kinder gefragt: Stellt euch vor, hier wäre jetzt gerade eine Zauberfee und ihr könntet euch bei ihr eure Traum-Kita wünschen – alles so, wie ihr es wollt. Egal, was es ist. Was würdet ihr euch dann wünschen?
- (Anmerkung: Die Wünsche waren fast alle umsetzbar und betrafen vor allem die ästhetische Gestaltung der Räume, Bewegungsmöglichkeiten und Sicherheit)
Botschaften, die aus der Erarbeitung der Kinderperspektive in diesen fünf Kitas zu entnehmen waren, sind folgende:
- Gewünscht ist viel, was mit Bewegung zu tun hat (große Räume, klettern, rutschen, Trampolin, Fußball spielen …) drinnen und draußen.
- Gleichzeitig werden häufig auch Ruhe- und Rückzugsräume angesprochen (Bücherecke, Sitzsäcke, Ruheecke, Schlafräume, Betten … auch Schutz bei WC oder für das Umziehen).
- Vielen Kindern scheint die Ästhetik sehr wichtig zu sein (Blumen, besondere Gestaltungselemente, Ordnung)
- Licht/angepasste Beleuchtung und Wasser werden erwähnt.
- Es geht auch darum, Abenteuer in Räumen erleben zu können („Auseinandernehmwerkstatt“)
- Kinder wollen gefragt und beteiligt werden!
Stand: 30. Juni 2025
Wie Kinder sich ihre Kita-Räume und das Außengelände vorstellen

Hier können Sie die Präsentation des Projektes einsehen (Video-Dateien wurden aus Datenschutzgründen herausgenommen).
Aus der Praxis - Kita Rheinlinge
Vgl. auch das Praxisbeispiel “Inklusion & Kinderperspektive” in der Kita Rheinlinge hier. (in Bearbeitung)
Um die Perspektive der Kinder in das Kompendium zum Kitabau in Rheinland-Pfalz einzubinden, hat das Ministerium für Bildung auch mit der integrativen Kita Rheinlinge in Mainz-Hechtsheim zusammengearbeitet. Die Kita ist eines der ersten Praxisbeispiele (in Bearbeitung) auf dieser Homepage und zeichnet sich durch eine aktive Prozessgestaltung für die Kinderperspektive aus: Für einen Besuch von Referentinnen aus der Abteilung Frühkindliche Bildung des Ministeriums hat die Fachkraft für Kinderperspektiven der Kita Rheinlinge die dortigen Kinder befragt. In Kleingruppen oder teils einzeln wurden die Kinder im Laufe ihres Tages angesprochen und beteiligt. Sie konnten Ihre Anliegen vortragen und Eindrücke schildern.
Stand: 10. Juni 2025